Warum wir Communities brauchen

Community Text von CBA.
zum 2. Community Heads Treffen, 30.11.2023
mit Zitaten aus The Care Manifesto von The Care Collective

“Ein WIR entsteht, wenn sich Menschen zusammentun und am selben Strang ziehen. So
entsteht eine neue Kraft, die nur die Gemeinschaft hervorbringen kann. Das […] sehen wir als unseren Auftrag. […] Denn ein WIR ermöglicht, was die:der Einzelne nicht schaffen kann.”
Ein Statement, das ein bisschen klingt wie ein von KI generierter Text zum Thema Zusammenhalt, ist die aktuelle Werbekampagne einer österreichischen Bankengruppe. Neben green- und pink-washing lässt sich auf Werbeflächen von Unternehmen auch so etwas wie community-washing beobachten. In PR Kampagnen werden Produkte mit einem Gefühl von Verbundenheit verkauft. Mit einem Gefühl, das im Alltag von Vielen, zwischen Arbeitsstress, Sorgepflichten und ehrenamtlicher Arbeit, zu kurz kommt. In einem Alltag, in dem sogar das Pflegen von sozialen Kontakten sich anfühlen kann, wie ein weiterer Punkt auf der ToDo Liste, zu dem eigentlich die Energie fehlt. Das ist der Alltag in einer Realität, die The Care Collective in The Care Manifesto so beschreibt:
“Over the past few decades, many of us have experienced living in an accelerating social system of organised loneliness. We have been encouraged to feel and act like hyper-individualised, competitive subjects who primarily look out for ourselves.” (S45)


(„In den letzten Jahrzehnten haben viele von uns die Erfahrung gemacht, in einem sich beschleunigenden sozialen System der organisierten Einsamkeit zu leben. Wir wurden darin bestärkt, uns als hyper-individualisierte, wettbewerbsorientierte Subjekte zu fühlen und zu verhalten, die in erster Linie auf sich selbst achten.” (S45))

Sich zu Gemeinschaften von Menschen, mit denen wir Erfahrungen und Interessen teilen, zugehörig zu fühlen, ist ein grundlegendes Bedürfnis. Gut funktionierende Gemeinschaften haben aber nicht nur das Potential, ihre Mitglieder zufriedener und weniger allein zu machen. Communities können auch Strukturen für Care, also für Sorge und für gegenseitige Zuwendung, schaffen. Das haben wir vor allem während der Corona-Krise gesehen. Wo Politik und staatliche Institutionen keine Unterstützung geleistet haben, haben sich Nachbarschaftshilfen zusammengetan, sind für alte oder kranke Menschen einkaufen gegangen und haben sich in gemeinschaftlichen Zusammenhängen gegenseitig unterstützt.
Im “new normal” gab es auch Stimmen, die sich dafür aussprachen, die Möglichkeiten dieser Krise zu erkennen:

“ […] the global lockdown has paradoxically given us sudden, fragmented glimpses of how
we could create better worlds. We have witnessed the sharing of equipment between
nations, improved air quality, local mutual aid practices, and reduced working hours. We
have also witnessed grateful recognition of the value of hands-on care and other forms of
essential work.” (S85)

(„[…] Der globale Lockdown hat uns paradoxerweise flüchtige Einblicke in mögliche bessere Welten gegeben. Wir haben die gemeinsame Nutzung von Ressourcen zwischen Ländern, die Verbesserung der Luftqualität, lokale Praktiken der gegenseitigen Unterstützung und kürzere Arbeitszeiten erlebt. Wir haben auch erlebt, dass der Wert der Pflegearbeit und
anderer gesellschaftlich unverzichtbarer Arbeit mit Dankbarkeit anerkannt wurde.“ (S85)“)


Geteilte Ressourcen über Grenzen hinweg, saubere Luft, Nachbarschaftshilfen und Delfine in den Kanälen Venedigs ( – nicht in Venedig, sondern in Sardinien, wie sich später herausstellen sollte). Diese optimistische Phase am Beginn der Krise war kurz, und doch hat sie uns gezeigt, zu welchem Ausmaß wir als Gesellschaft auf Care und Care-Arbeit angewiesen sind und wie wichtig unsere Communities für unser Leben sind. Aber – so viele lebendige Communities wir auch haben, so sehr sind wir immer noch Teil einer Gesellschaft, die das Individuum, die Kernfamilie und den wirtschaftlichen Erfolg ins Zentrum stellt.
“Communities can of course be romanticised. We can all think of examples of „non-care“ in the community. From „care-homes” not worthy of the name, to the negative solidarity of mutual suspicion and scape-goating, the idea of care can be used to push controlling and reactionary agendas. To be clear, what „caring communities“ does not mean is using people’s spare time to plug the caring gaps left wide open by neoliberalism. It means ending neoliberalism in order to expand people’s capacity to care.” (S57)


(„Gemeinschaften können natürlich romantisiert werden. Uns allen fallen Beispiele für „non-care“ in der Gemeinschaft ein. Von „care-homes“, die diesem Namen nicht gerecht werden, bis hin zur negativen Solidarität des gegenseitigen Misstrauens und der Ausgrenzung – die Idee von Care kann dazu benutzt werden, kontrollierende und reaktionäre
Agenden durchzusetzen.
Um es klar zu sagen: „Caring Communities“ soll nicht heißen, die Freizeit der Menschen dazu zu nutzen, um die Lücken von “Care” zu schließen, die der Neoliberalismus hinterlässt. Es bedeutet, den Neoliberalismus zu beenden, um die Kapazitäten der Menschen, sich einander zuzuwenden, zu erweitern.“(S57))


Es braucht mehr Kapazität und Lernräume für Care, in denen wir uns für Menschen verantworten und nicht für Systeme. Wir wollen mehr Platz für Neugier, für ehrliches Interesse und für Zärtlichkeit. Zärtlichkeit? Was heißt das im Kontext von Gemeinschaft? Für uns heißt das, Personen nicht nur als
ökonomische Objekte zu behandeln, und das Wohlergehen einer Person über deren Leistung zu stellen. Es heißt auch, sich – vor allem in Führungspositionen – immer wieder selbst verletzlich zu machen und bei sich selbst anzufangen. Mindestens genauso wichtig wie Zärtlichkeit ist Distanz: genug Distanz zwischen mir und der Community, um zu merken, was für mich passt und was nicht. Wir wollen auch hart sein dürfen. Härte ist nichts Schlechtes, und Grenzen sind wichtig. Wir wollen uns aussuchen,
wann wir zart sein wollen.

Wir wollen mehr gemeinschaftliche Formen des Zusammenlebens und -arbeitens, in denen wir uns auf Augenhöhe begegnen. Wir wollen nicht mit starren Hierarchien, sondern mit flexiblen Rollen arbeiten, die zu unseren Interessen und unseren Stärken passen. In einer Struktur, die unsere Bedürfnisse berücksichtigt, sich unserer unterschiedlichen Lebensrealitäten und Erfahrungen bewusst ist, und diese miteinbezieht. Wo wir uns gegenseitig unterstützen, inspirieren und voneinander lernen können. Deshalb entwickelt CBA Werkzeuge um Strukturen zu schaffen, die solche – caring – Umgebungen
ermöglichen.

“How do we create the kind of caring communities that make our lives better, happier, and even, in some cases, possible? What kind of infrastructures are necessary to create communities that care?“ (S45)

(„Wie schaffen wir diese Art von caring Gemeinschaften, die unser Leben besser und glücklicher, in manchen Fällen sogar erst möglich machen? Welche Art von Infrastrukturen sind notwendig, um Gemeinschaften zu schaffen, die sich umeinander kümmern?“ (S45))

The Care Collective nennt vier Eigenschaften, die Communities zu Caring Communities machen, und bezieht sich dabei vordergründig auf Gemeinschaften im Sinne von lokalen Zusammenhängen:

  1. Mutual Support
  • gegenseitige Unterstützung innerhalb der Community
  1. Space to Care / Public Space
  • Raum der allen gehört, der für alle zugänglich und nutzbar ist
  1. Sharing Stuff / Sharing Ressources
  • teilen von materiellen und immateriellen Ressourcen, Werkzeugen, Wissen, Information,
    online wie offline
  1. Local Democracy
  • demokratische Strukturen, Einbeziehung und gemeinsame Entscheidungsfindung
    Als CBA stellen wir uns regelmäßig die Frage, wie diese Eigenschaften gestärkt werden
    können. In der Arbeit mit Gemeinschaften nehmen laufend neue Perspektiven ein, um neue
    Methoden und Antworten zu finden. Das ist aus unserer Sicht die fünfte Eigenschaft, die
    Caring Communities brauchen. Wir nennen das:
  1. Lernende Strukturen
  • Platz und Mut für Fehler:
    für Fehler, die nicht bestraft werden, sondern als Möglichkeit gesehen werden, zu lernen.
    Wenn etwas schief geht, wird nicht nach Schuldigen gesucht, oder Frust in sich hinein
    gefressen, sondern es wird gemeinsam nach möglichen Änderungen in den gemeinsamen
    Strukturen gesucht.

Dabei werden Emotionen genauso kommuniziert, wie Gedanken und Lösungsvorschläge, immer mit Wertschätzung gegenüber einander. Das ist die Grundlage. Denn im Kleinsten ist eine Community dort wirksam, wo sich eine Einzelperson durch die Teilhabe an der Gemeinschaft bestärkt fühlt:


“Für mich hat das ganz viel verändert. Ich wäre sonst nicht, wo ich heute bin.”
“Mir wurde das einfach zugetraut, und dann hab’ ich gesehen, dass ich das kann.”
“Auf einmal waren da ganz viele Menschen, die sich für die selben Dinge interessieren wie
ich, und ähnliche Erfahrungen gemacht haben.”

“Das schönste ist, dass sich niemand für den Wettbewerb interessiert. Es geht um die Leute
und um die Wertschätzung von ihren Filmen.”


Das alles sind sinngemäß wiedergegebene Zitate von Menschen, die Teil eines Jugendfilmfestivals in Oberösterreich sind. Das Festival besteht schon seit über zwei Jahrzehnten und schafft es, jungen Menschen genau so einen Raum zu öffnen: einen Raum für gegenseitige Bestärkung, für das Teilen von Interessen, Erfahrungen und Ressourcen an einem gemeinsamen Ort. Eine Caring Community.
Wir wollen genau solche positiven Erfahrungen von Gemeinschaft weitertragen und ausweiten. The Care Collective verwendet den Begriff “promiscuous care” und beschreibt damit einen Zugang zu Care, der das Ziel hat, sich ständig zu erweitern.

Fotos © Fiona de Fontana

“Only by multiplying our circles of care (…) will we achieve the psychic infrastructures necessary to build a caring society that has universal care as it’s ideal. (…) we put forward a new ethics of “promiscuous care” that would enable us to multiply the numbers of people we can care for, about and with, thus permitting us to experiment with the ways that we care.”(S33)

(„Nur durch die Vervielfachung unserer circles of care(…) werden wir die psychischen Infrastrukturen schaffen, die notwendig sind, um eine caring Gesellschaft aufzubauen, deren Ideal “universal care” ist. (…) wir schlagen eine neue Ethik der „promiscuous care“ vor, die es uns ermöglichen würde, die Zahl der Menschen, für die, um die und mit denen wir uns
kümmern können, zu vervielfachen, und die es uns somit erlauben würde, mit den Formen von care zu experimentieren.“(S33))


CBA will ein Knotenpunkt für diese Circles of Care sein, und Menschen zusammenbringen, die ihr Wissen über Community Building teilen und weiterentwickeln möchten, um Care ins Zentrum ihrer Gemeinschaften zu stellen.

3 Tipps für eure Jahresklausur

Das mittelalterliche Örtchen Drosendorf an der tschechischen Grenze liegt an der Thaya, einem unbefradigten Fluss im nördlichen Waldviertel. Direkt am Wasser betreibt Elisabeth Ruckser das Strandbad mit markantem Holzpavillion aus den 1920er-Jahren.

Für unsere Jahresklausur haben wir einen Rückzugsort gesucht, an dem wir uns einer ehrlichen Nabelschau stellen, aber auch entspannt in der Sonne liegen und baden können.

Weil wir Offenheit und Transparenz nicht nur draufschreiben, sondern auch leben, wollen wir hier ein paar Einblicke mit euch teilen. Vielleicht ist ja Inspiration für eure Klausuren dabei.

Check-In

Wir starten immer mit einem Check-In, der uns erlaubt, gemeinsam am Ort anzukommen – physisch und mental. Dann haben wir uns mit den Werten unserer Community beschäftigt: Warum gibt es uns eigentlich? Welche Werte leiten unsere Arbeit an? Wie setzen wir konkret diese Werte in unserem Tun für die Community um? Empathie, Erfahrungen und Sinnhaftigkeit standen als Begriffe bei uns hoch im Kurs. (Check-Out am Ende gibts natürlich auch).

Rollen statt Positionen

Unser altes Organigramm war streng hierarchisch strukturiert. Aufgrund unserer Vereins-haftigkeit haben wir einfach die Positionen aus dem Vereinsrecht übernommen und neu benannt. In unserer Klausur haben wir das Rollen-Tool von 9spaces / Neue Narrative adaptiert und ein mobiles Organigramm entwickelt, dass sechs Rollen voneinander trennt und eine Flexi-Rolle definiert, die sich an andere Rollen andocken kann. Das agile Denksystem mit Rollen statt hierarchische Positionen hat uns sehr inspiriert und motiviert.

Regeln der Zusammenarbeit

Wir arbeiten seit mitterweile vier Jahren zusammen, haben gemeinsam die Startphase erlebt, die Covid-Lockdowns und als Community verschiedene Formate und Angebote ausprobiert. Dabei sind natürlich auch Frustrationen gewachsen. Als Community Faciltiator:innen wissen wir, dass es nichts bringt, Konflikten aus dem Weg zu gehen. Und: Dass jede Erfahrung, ob positiv oder negativ, eine Lernchance in sich trägt. Also haben Clara und Romeo, bei CBA für Community Strategie und Community Vision zuständig, im Vorfeld der Klausur die konkreten Problemfelder herausgearbeitet und bei der Klausur kurz zusammenfassend vorgestellt. Dadurch konnten wir uns gleich auf die Lösungen konzentrieren und neue Regeln der Zusammenarbeit erstellen, die unseren Bedürfnissen entsprechen.

Wir teilen gerne unser Wissen zum Aufbau nachhaltiger Gemeinschaften mit euch. Wenn ihr Bedarf nach einer Klausur eurer Community oder eures Arbeitsteams habt, meldet euch einfach bei Verena unter office@communitybuilding.at. Wir können euch einfach beraten und mit euch ein Klausur-Konzept erstellen, eure Klausur moderieren oder einen kompletten Community Strategie Prozess mit euch starten. Wir freuen uns, von euch zu hören!

Und wichtig: Spaß nicht vergessen!

Genderkompetenz für Sport-Communities

„Was wollen jetzt die wieder?“ – „Ja, wir wollen was. Und das ist auch gut so.“

So eröffnet Christa Prets die 1. Gendertagung des Jahres 2023 am Standort IRIS. Seit 15 Jahren setzt sich die Präsidentin des Vereins 100% Sport für Geschlechtergerechtigkeit im Sport ein. Seit 2022 stellt 100% Sport den Sport-Teil der Vertrauensstelle „vera* – Vertrauensstelle gegen Belästigung und Gewalt in Kunst, Kultur und Sport“.

Genderbeauftragte ganz unterschiedlicher Sportbereiche setzen sich für respektvolles und sicheres Sporttreiben ein. 100% Sport unterstützt diese Einzelpersonen durch Schulungsmaterialien, Sensibilisierungs-Workshops und Veranstaltungen. Aktuell gibt es über 1.200 Anmeldungen für die E-Learning Angebote von 10% Sport. Heute sind über 60 Genderbeauftragte physisch und digital in die Gertrude-Fröhlich-Straße gekommen, um sich zum Thema Genderkompetenz & Safe Sport auszutauschen und in der eigenen Arbeit zu bestärken. Clara von Community Building Austria hat an der Veranstaltung teilgenommen um zukünftig die Sportler:innen in der CBA-Umwelt mit Expert:innen zum Thema „Sport & Genderkompetenz“ vernetzen zu können.

Unsere Empfehlung

  • Handreichung bestellen, lesen und im Team besprechen
  • E-Learning „Prävention von sexualisierter Gewalt im Sport“ besuchen
    o Kostenlos
    o 3 Module
    o Gesamt: 90 min
    o Teilnahmebestätigung

Unser Netzwerk für euch

100% Sport steht in gutem Austausch mit all diesen Vereinen, Organisationen usw. Wir vermitteln
euch gerne Expertise für den Themenbereich „Safe Sport & Genderkompetenz“.

Ver_Üben und vernetzen

“Jede Praxis trägt eine Theorie in sich” fasst Nathalie Amstutz von der Fachhochschule Nordwestschweiz Basel im ruhigen, hellen spielImachItIraum zusammen. Der spielImachItIraum ganz oben unterm Dach der Universität für Musik und darstellende Kunst (mdw) lädt mit seinem schönem Holzboden, den beruhigenden Wänden und den himmelsichtigen Dachflächenfenstern zur kritischen Selbstreflexion ein. Ein Raum ohne Bühne, ein Raum für Sesselkreise. Ideal für eine ehrliche Nabelschau: Warum schließen österreichische Kunst-, Kultur- und Bildungsinstitutionen rassismusbetroffene Personen immer noch aus? Was ist da los?

Nathalie Amstutz ist eine von mehr als 30 Expert:innen, die am 11. und 12. Mai 2023 ihre Perspektiven auf “Diversität als diskriminierungskritische Praxis in Kunst, Kultur und Bildung” zur Diskussion stellen. Gemeinsam wurde an der Wissensentwicklung sowie an Veränderungsansätzen und Handlungsperspektiven einer kritischen Diversitätspraxis an der Schnittstelle von Ausbildungsfeld und Berufspraxis gearbeit, fasst die Organisatorin Ulli Mayer von der Stabstelle Gleichstellung, Gender Studies und Diversität an der mdw am Ende der Veranstaltung zusammen.

Vortragssituation. Auf der Leinwand steht "What difference does difference make?". Davor diskutieren zwei Expertinnen über Diversität und Kultur.
Tagung „Ver_Üben“ an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, (c) Stephan Polzer.

Mut, Geld und lernende Systeme

“Es gibt meistens keine internen Lernprozesse. Hier mit Change Management zu kommen, kann nicht funktionieren” spitzt D/Arts-Mitgründerin Ivana Pilić die Diskussion um diversitätsorientierte Organisationsentwicklung im spielImachtItIraum zu. Karina Koller, die an der Linzer Kunstuni die Abteilung für Personalentwicklung und Genderfragen leitet, fügt an: “Wir sollten nicht den Blick auf die langsamen Bewegungen verlieren. Wir müssen auch die kleinen Erfolgserlebnisse feiern. Nur so gelingt es, den Atem, den wir brauchen, aufrecht zu erhalten.” Wenig später wirft Galina Baeva, kaufmännische Geschäftsführerin des Wiener Kosmos-Theaters, ein: “Internationalisierung muss immer in Verbindung mit der Community Arbeit vor Ort passieren.” – Als Community Building Expert:innen beschäftigt uns mangelnde Diversität natürlich permanent. Diverse Communities sind nachhaltiger, resilienter, kreativer – you name it. Was für eine Bereicherung also, mitten in diesem vollgepackten Diskussionsraum zu sitzen. Wie aber soll ein Blog-Post die Dichte und Vielfalt der Erfahrungen, Perspektiven und Impulsen dieses beeindruckenden Tagungsprogramms auf den Punkt bringen? Vielleicht in der Formulierung eines extrem heruntergebrochenen Take-Away:

  1. Diversität braucht Mut, sich ehrlich mit Inklusion und Exklusion zu beschäftigen.
  2. Diversität braucht Geld für die physischen und zeitlichen Räume, um auch die Dinge anzusprechen, die weh tun.
  3. Mut & Geld muss auf strukturell abgesicherte, interne Lernprozesse treffen, die Learnings auch umsetzen können.

Mut, Geld, Lernprozesse – diese drei Voraussetzungen für echte Diversifizierung möchten wir euch mitgeben. Und: all die tollen Personen, die ihre Expertisen zum Thema Diversität in Kunst, Kultur und Bildung eingebracht haben.

Expert:innen-Pool

Nathalie Amstutz, Ivana Pilić, Karina Koller und Galina Baeva sind bei weitem nicht die einzigen Expert:innen, die Ulli Mayer an der mdw zusammengebracht hat. Hier findet ihr den Link zur Veranstaltung “Ver_Üben” am 11./12. Mai 2023 an der mdw. Bitte greift auf die Expertise von Expert:innen zurück. Diversifizierung ist eine Herausforderung für die bestehenden Systeme. Aber es gibt Personen, die wissen, wie es geht. Fragt sie an.

Wie ihr wisst, bieten wir euch auf unserer Website einen Pool an Community Building Expert:innen, mit denen wir gerne zusammenarbeiten und an die wir euch gerne vermitteln. Auch unser Expert:innen-Pool hat sich nach der Tagung vergrößert… Lest hier mehr über Diversitäts-Expertin Ella Steinmann.

Resilienz & Community Building

Warum sind manche Menschen belastbarer als andere?

Diese Frage kann sich eine Person stellen, die gerade nicht überlastet ist. In vielen beruflichen Bereichen wird Belastbarkeit als Stärke genannt. Häufig wird sie auch in Jobausschreibungen formuliert, spätestens im Bewerbungsgespräch verlangt. Und wer will das nicht sein: stark, ausdauernd, mutig, motiviert, fähig, Aufgaben zu übernehmen und erfolgreich abzuschließen.

Gleichzeitig sprechen wir über Quiet Quitting – Menschen, die nur mehr das Notwendigste abarbeiten, sich ohne Kommentar aus dem Ehrenamt zurückziehen – über Mental Load – die Belastung durch Planungstätigkeiten, emotionale Arbeit – und schlussendlich Burn-Out – schwere Depressionen, permanente Überlastung, psychische Krankheiten.

Resilienz wird als Schlagwort ins Feld geführt. Mitarbeiter:innen müssen resilienter werden, mehr Belastungen aushalten, mehr Überstunden leisten, mehr Termine absolvieren, auf mehreren Kommunikationsplattformen Tag und Nacht erreichbar sein. Im Krankenbett werden noch Mails beantwortet. Im Urlaub werden ganz selbstverständlich berufliche Telefonate geführt. Irgendwas kann sich da nicht ausgehen. Resilienz ja, aber wessen Resilienz?

“Leyla ist echt super. Trotz Krankheit arbeitet sie – so ein zacher Typ.”

Wir wollen hier kurz mal stoppen. Ist das wirklich die Gemeinschaft, die wir gestalten wollen? Wir haben die nicht-naive Hoffnung, dass es auch anders geht. Und wir finden, dass es anders sogar besser ist. Warum? Weil Überlastung ein Risiko für die Gemeinschaft ist.

Wenn Leyla krank arbeitet, ist ihre Arbeit fehleranfälliger. Sie wird langsamer gesund. Im Prinzip vermindert die Struktur, in der eine kranke Person arbeiten muss, die Arbeitskraft der Person auf Dauer. Außerdem fragen wir uns, in welchem Wertekanon wir uns befinden, wenn wir Menschen strukturell an ihre Grenzen bringen und es als erstrebenswert empfinden, wenn Menschen permanent über ihre Grenzen gehen.

Community Building Austria steht für den strategischen Auf- und Ausbau von Gemeinschaften, die nachhaltig gut miteinander arbeiten wollen. Wir glauben, dass Resilienz kein individuelles Thema ist, sondern die Strukturen, die Communities vorleben, direkten Einfluss auf die Resilienz ihrer Mitglieder hat. Und zwar unabhängig davon, ob die Community eine Lohnarbeitsgemeinschaft ist, ein Theaterverein oder sich aus sozialem Engagement trifft.

Das Resilienz-Paradox besagt, dass genau das Konzept der Resilienz dafür verantwortlich ist, dass Krisen nicht überwunden werden. Resilienz bedeutet in aller Kürze, dass Menschen mit externen Störungen so umgehen können, dass sie wie ein Gummiband nach Abnahme der Spannung wieder in ihre unsprüngliche Form zurückgehen können. Was hier aber geschieht, ist eine Entpolitisierung des Begriffs.

Wer ist veranwortlich für die individuelle Resilienz? In unzähligen Coachings und Trainingskursen können Menschen lernen, ihre inneren und äußeren Schutzfaktoren zu stärken. So sollen sie Krisen vorbeugen.

Die American Psychological Association hat einen international bekannten 10-Punkte-Plan entwickelt, wie Menschen resilienter werden. Als Allheilmittel sollen wir soziale Beziehungen stärken, Krisen als Herausforderungen sehen, Veränderungen akzeptieren, Ziele anstreben, entschlossen handeln, Wachstumschancen sehen, ein positives Selbstbild aufbauen, langfristige Perspektiven bewahren, optimistisch bleiben und auf uns selber achten.

Aus Community Building Perspektive sehen wir den Menschen als Teil eines sozialen Gefüges. Wir glauben, dass Communities durch ihre bewegende Wirkung “gesunde” und “ungesunde” Verhaltensweisen fördern können. Wenn Leyla im Krankenstand arbeitet, profitiert die Community kurzfristig. Gleichzeitig zementieren wir damit eine menschenfeindliche und unsoziale Denk- und Arbeitsweise ein.

Wir beschäftigen uns viel mit der Art und Weise, wie Communities geführt werden. Mit dem Begriff der Community Facilitation benennen wir die Verantwortung, die die Person oder Personen, die eine Community leiten, über den sozialen Raum hat, der für die Gemeinschaft hergestellt wird. Damit wenden wir den Blick von der individuellen Resilienz von Einzelpersonen hin zur kollektiven Resilienz von Gemeinschaften und Strukturen.

Community Building hat einen ganz universellen Ansatz. Jeder Mensch lebt in einer Welt, die unberechenbar ist. Die Welt ist unsicher, komplex, mehrdeutig und unklar. Überlastung ist da vorprogrammiert. Und anstatt den Umgang mit dieser permanenten Herausforderung an die Einzelperson auszulagern, stellen wir Resilienz in den Verantwortungsbereich der Gemeinschaft.

Welche Werte sind die Grundlage unserer Zusammenarbeit? Wird unsere Wertschätzung an Leistung bemessen? Am Übertritt von eigenen Grenzen? Wie geht unsere Kultur mit Konflikten, mit Fehlern, mit Feedback um? Erlauben wir unseren Mitgliedern ihre Ressourcen realistisch einzuschätzen und bieten wir den Ambitionen von Einzelpersonen sichere Rahmen?

Wir wissen genau, wie Überlastungen zustande kommen, und was Strukturen dazu beitragen. Ständige Veränderungen, unklare Ziele, fließende Grenzen, unklare Zuständigkeiten, kein Feedback, eine Flut an Informationen, keine Ruhezeiten, ständige Erreichbarkeit, alle Aufgaben sind gleich wichtig und irgendwann verlieren wir die Kontrolle.

Resilienzförderung ist das Schlagwort, das wir dem Resilienz-Paradox entgegen setzen. Auf Basis unserer acht Dimensionen des strategischen Community Building haben wir uns die Frage gestellt, wie eine Resilienz-Strategie für Communities aussehen kann. Zu Beginn nehmen wir die Führungspersonen in die Pflicht. Wer immer für die Facilitation einer Community zuständig ist, muss als Vorbild fungieren. Wir denken an Geschäftsführerinnen, die im Regelnbetrieb um 17:00 nachhause gehen. Wir denken an ehrenamtliche Koordinatoren, die zwischen 20:00 und 09:00 keine Whatsapp-Nachrichten schreiben oder beantworten. Wir denken an all die Menschen, die im Krankenstand den Laptop geschlossen halten und beinhart das Diensthandy auf lautlos im Schrank verwahren.

Wir brauchen Leitbilder für eine neue kollektive Resilienz.

Die Resilienz-Strategien von Gemeinschaften müssen ernsthaftes Interesse an den Mitgliedern der Gemeinschaft haben. Rollen müssen flexibel gestaltet sein, sodass im Fall einer zu großen Belastung, die Rolle übergeben werden kann. Dafür ist Vertrauen innerhalb der Gemeinschaft nötig. Das Gemeinschaftsgefühl muss so groß sein, dass sich die Mitglieder mit der Gemeinschaft identifizieren können, aber auch klar zwischen sich als Einzelperson und der Gemeinschaft als Ganzer unterscheiden können. Die Community Strategie muss gemeinsame und individuelle Grenzen in sich vereinen können. Unabhängig von Werten wie Effizienz oder Leistung müssen sich die Mitglieder sicher und wertgeschätzt fühlen.

Wie können wir eine derart funktionale Resilienz-Strategie für unsere Communities herstellen? Die Methode des Community Building gibt uns einige Werkzeuge dazu in die Hand. Strategisch angelegte Lagerfeuermomente stärken das Gemeinschaftsgefühl. Erfahrungsaustausch, Mitbestimmung, offene Evaluationen und schöne Gemeinschaftserlebnisse vergrößern das Vertrauen der Mitglieder untereinander. Regelmäßige Check-Ins und eine gewisse Agilität unterstützen das Vertrauen der Menschen in die Struktur, die sie umgibt.

Wie lernen wir, um Hilfe zu bitten?

Wie feiern wir Krisen, die wir gemeinsam gut bewältigt haben?

Wie trauern wir gemeinsam, wenn etwas wirklich misslingt und es daraus nicht einmal etwas zu lernen gibt?

Wie kann eine Community die Resilienz ihrer Mitglieder unterstützen und dadurch selbst Risiko und Unsicherheit reduzieren, Motivation und Kreativität fördern und die eigene strukturelle Wirksamkeit und Selbstsicherheit steigern?

Auf Basis unserer Recherchen und Erfahrungen haben wir den Entwurf eines Resilienz-Workshops entwickelt, den wir im Netzwerktreffen am 06. Mai mit geladenen Gästen getestet und finalisiert haben. Die letzten Jahre der multiplen Krisen, der Lock-Downs und aller damit verbundenen sozialen, emotionalen und physischen Distanzen haben uns gezeigt, wie sich Überlastung anfühlen kann und welche Faktoren in unserem Leben wegbrechen, wenn die Communities, von denen wir Teil sind, von einem Tag auf den anderen auf Stumm geschaltet sind.

Unsere Empfehlung ist klar: Erstellt Resilienz-Strategien für eure Communities. Wir unterstützen euch gerne dabei.

3 Tips für Art & Science CB

Diese Woche findet in Wien die Vienna Design Week statt. Als Community Strateginnen sind wir vor Ort und hören uns um. Denn Gemeinschaft, Community und Soziale Nachhaltigkeit sind auch in der Design-Branche große Themen.

A cloud of living ideas

Im Haus der Begegnung (very telling) findet am ersten Festival-Wochenende der CLOUD CAMPAIGN Talk „Design <- -> Science“ statt. Mia Meus (Institute for Science and Technology Austria (ISTA)) moderiert das all-female panel im gemütlichen Raum der Wiener Volkshochschule Mariahilf. Nebenan findet eine Buchpräsentation statt, die nichts mit der Design Week zu tun hat. Im Vorraum gibt es Döner und die Möglichkeit mit der jeweils anderen Community ins Gespräch zu kommen.

Unser Panel beschäftigt sich mit dem wechselseitigen Einfluss, den Designer:innen und Wissenschaftler:innen aufeinander haben. Artistic Research ist hoch im Kurs und die Potenziale schnell klar. Künstler:innen sind darin geübt, Sicherheiten zu hinterfragen und neue Möglichkeitsräume zu benennen. Wissenschaftler:innen bemühen sich um stabiles Wissen und darum, Unsicherheiten klar zu benennen. In der Zusammenarbeit entsteht eine „cloud of living ideas“.

3 Tips für deine Art & Science Community

Doch wie immer, wenn Menschen aus unterschiedlichen Bereichen zusammenkommen, entstehen auch in der Artistic Research Herausforderungen. Künstler:innen arbeiten mit Headlines, Wissenschaftler:innen bekommen Bauchweh, weil sie komplexe Dinge vereinfachen sollen. Missverständnisse entstehen. Oder es läuft super und am Ende weiß man nicht, wohin mit dem Erarbeiteten. Die Residency, das Projekt ist aus – und jetzt?

Hier sind 3 Dinge, die du beachten solltest, wenn du eine Art/Science Community aufbaust:

  1. Trust
  2. Time
  3. Sustainability

TRUST – Gestalte eine Atmosphäre des Vertrauens. Die Teilnehmer:innen brauchen Zeit um ein gemeinsames Vokabular zu entwickeln. Insider-Wissen kann nicht vorausgesetzt werden und oft ist uns gar nicht bewusst, was alles zu unserem Insider-Wissen zählt. Geht offen und wertschätzend miteinander und euren unterschiedlichen Wissensständen um. Baut aktiv Vertrauen auf.

TIME – Deine Projekte können mehr Zeit in Anspruch nehmen als geplant. Achte darauf, dass das Projekt Management genügend Raum für Flexibilität lässt.

SUSTAINABILITY – Es ist frustrierend, wenn eine Kollaboration „zu früh“ endet. Überlegt euch zu Beginn gemeinsam, wie ihr am Ende der gemeinsamen Zeit Nachhaltigkeit für eure Arbeit schaffen könnt. Eine gute Dokumentation? Eine Abschlussveranstaltung? Eine Übergabe des Arbeitsstandes? Ein Empfehlungsschreiben für Folge-Förderungen?

Ein Beispiel: Art Residencies am AIT

Unsere Expertin Sarah Hellwagner ist bei art:phalanx für das ARTTEC Art Program des AIT (Austrian Institut of Technology) zuständig. Was ist ihr großes Learning, wenn es um den Aufbau von Communities an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft geht?

„Am wichtigsten ist, dass sich die Menschen aus beiden Disziplinen wertschätzend begegenen. Wir als Kulturmanager:innen müssen Zeit und Raum für diese Begegnungen anbieten.“

Sarah Hellwagner, art:phalanx

Wir freuen uns, wenn auch du deine Erfahrungen zu Community Building mit uns teilst. Wir veröffentlichen sie gerne auf unserem Blog. So haben alle was davon 🙂

Was ist deine Expertise Anne Wiederhold-Daryanavard?

Diversität und Communities gehen Hand in Hand. Das weiß auch Anne Wiederhold-Daryanavard, Mitgründerin und künstlerische Leiterin der Brunnenpassage Wien. Die ausgebildete Schauspielerin und Organisationspsychologin bemüht sich um sozial engagierte Kunst, die einen Resonanzraum für alle schaffen soll – ohne Barrieren, ohne Zuschreibungen.

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Gesellschaft diversifiziert. Die großen Institutionen in der Kunst- und Kulturbranche, so die Kuratorin, reagieren nur sehr langsam auf diese Veränderung. Die gesamte Szene sei noch sehr weiß, westlich und weit davon entfernt, unsere Gesellschaft abzubilden. Seit Jahren erarbeitet Wiederhold deshalb im nationalen und internationalen Kontext Diversitätsstrategien für den Kultursektor. „Diversität zu etablieren braucht Zeit. Es ist ein nachhaltiger Prozess, der einen Paradigmenwechsel erfordert.”  Auch die Wiener Kulturpolitik müsse noch mehr aufwachen: „Wir brauchen Service- und Anlaufstellen, die Kulturinstitutionen, die sich verändern wollen, beraten. Wir brauchen Schulungen für Leitungsebene, Kurator*innen, Marketing. Wir brauchen mehr unterschiedliche Stimmen, Sprachen bei den agierenden Künstler*innen sowie in den Beiräten.” 

Weil ihre Expertise in der Diversität liegt, empfindet Wiederhold-Daryanavard Einordnungen zu einer bestimmten Community teilweise als problematisch. „Jeder Mensch trägt zahlreiche unterschiedliche Kontexte und Communities in sich.“ Der Kern einer Community sei aber immer derselbe und liegt für Wiederhold im Vertrauen. „Community Building verstehe ich als Strategie, um Gemeinschaften zu kreieren, ‘spaces of encounter’ zu schaffen, also Orte der Vernetzung. Orte, an denen die unterschiedlichen Menschen so sein können, wie sie sind, ohne die gesellschaftliche Zuschreibungen. Wo sie sich geschützt und miteinander wohl fühlen.” 

Diese Art von Community Building betreibt Anne im Aufbau der Formate in der Brunnenpassage seit nun 15 Jahren. „Wir wollen ein öffentlicher, aber geschützter Raum sein. Bei uns geht es stark um Partizipation und um unterschiedliche Intensität, wie Menschen an zeitgenössischer Kunst teilhaben können.” Manche Formate setzen auf Spontanität im Mitwirken, andere basieren auf regelmäßigen Treffen, bis hin zu großen Produktionen, u.a. auch in großen Kulturinstitutionen der Wiener Innenstadt. Wichtig ist für Wiederhold-Daryanavard, dass Grenzen überschritten und Partnerschaften eingegangen werden – ob in der transkulturellen Kunst, im intergenerationalen Dialog oder im interdisziplinären Arbeiten; denn nur so kann ein friedliches Zusammenleben gelingen.

Mehr zur Brunnenpassage findet ihr hier.
Für mehr Infos zur Publikation „Kunstpraxis in der Migrationsgesellschaft. Transkulturelle Handlungsstrategien der Brunnenpassage Wien“ klickt hier.
Mehr über Anne Wiederhold-Daryanavard findet ihr hier.

Das war der CBA Summit 2022

Ein intensiver, inspirierender und motivierender Tag zum Thema „Community Building“ liegt hinter uns. Hier unsere Highlights!

v.l.n.r. CBA-Expert:innen Persy – Lowis Bulayumi, Suzanna Futterknecht, Sarah Hellwagner; CBA-Vorstand Verena Strasser, Clara Gallistl, Sophia Hochedlinger, Romeo Kaltenbrunner. Im Vordergrund: Preisträger Romualdo Ramos (Queer Museum Vienna), Pamela Heilig (Projektleitung CBA Summit 2022).

Die sternförmige Glas-Trophäe konnte zum Abschluss des spannenden Summits Romualdo Ramos vom Queer Museum Vienna mit nach Hause nehmen. Mit dem Ziel, den Community Building Gedanken einerseits zu verbreiten und andererseits neuen, bisher wenig bekannten Communities zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen, richtete CBA dieses Jahr erstmalig ein kleines Preisausschreiben aus. Die Teilnahme war dabei absichtlich niederschwellig (wir kennen die Ressourcen von kleinen Vereinen) – entschieden wurde vom CBA-Expert:innenbeirat und zu gewinnen gab es eine finanzielle Unterstützung von € 500 sowie den vollen Boost von CBA (Sichtbarkeit, Beratung, Netzwerk). „Pride started with a riot!“ – Mehr über unseren Gewinner erfahrt ihr hier und über die CBA-Kanäle in der nächsten Zeit.

Eure Communities

Das Programm des Summits war ganz auf euch und eure Communities ausgerichtet. Deshalb haben wir zu Beginn in einem World-Steh-Café Gespräche initiiert, in denen wir wissen wollten, was euch an eurer Community so richtig taugt. Dabei haben wir erfahren, wie unterschiedlich eure Hintergründe sind: Kunst und Kultur, Umwelt, Politik, Aktivismus, Architektur, Stadtplanung u.v.m. Und gleichzeitig eint euch das, was ihr an euren Communites cool findet: Das Mindset, die Motivation, die Beziehung, die Gemeinschaft.

Eure Bedürfnisse

Nachdem wir etabliert haben, wie sich das Herz einer Community anfühlen kann, haben wir uns den aktuellen Herausforderungen gewidmet. World-Café, Gesprächsrunde und Expert:innen-Speeddating habt ihr als Möglichkeit genutzt, eure Fragen und euer Wissen auszutauschen. Am offenen Thementisch ging es zum Beispiel um Fragen der Publikumsrückgewinnung oder des Vertrauensaufbaus.

Unser Angebot

Auch eure Wünsche an uns habt ihr sehr klar formuliert: Basis-Wissen und Erfahrungsaustausch. Beides bieten wir g*ttseidank bereits an und entwickeln wir auch laufend weiter. Wir freuen uns sehr, dass ihr unseren internen Entwicklungsplan bestätigt habt: Auf Basis unseres Wissens erarbeiten wir Arbeitsblätter, Tutorials und Handbücher, die wir wiederum von unseren Members feedbacken lassen. So entsteht ein Kreislauf, der sich beständig weiter entwickelt und die Erfahrungen von ganz unterschiedlichen Community Professionals miteinbezieht.

Darf bei keinem CBA-Meeting fehlen: Das Community Feedback.

Check-Out: Am Schluss unseres Tages haben wir gemeinsam die Feedback-Wand evaluiert. Was sich angefühlt hat wie die Übergabe eines wunderschönen Blumenstraußes hat uns auch wichtige Infos für unsere weitere Arbeit gegeben.

Was ihr SUPER fandet:

  • integrierende, offene, zugängliche Gesprächsrunden
  • unsere Speaker:innen
  • das tolle vegan/vegetarische Buffet von Speisen ohne Grenzen
  • das Speed-Dating mit unseren Expert:innen
  • die Struktur des Tages

Besonders gefreut hat uns natürlich, dass ihr euch alle ein „nächstes Mal“ wünscht – und uns auch relativ klar gesagt habt, wie wir den CBA Summit für euch noch besser gestalten können (Location, Raum, Musik). Wir sind gerade dabei euer Feedback zu strukturieren und in Form einer kleinen Umfrage über unseren Mail-Verteiler nochmal feedbacken zu lassen.

Bis dahin: Vielen, vielen Dank für diese wunderschöne Erfahrung. Wir haben wieder viel gelernt!

Mehr Fotos vom Summit findet ihr auf unserer Facebook und Instagram Seite.

Fotos: (c) Iris Strasser.

Was ist deine Expertise, Tmnit Ghide?

Tmnit Ghide ist aus der Wiener Musik- und Kulturszene nicht mehr wegzudenken. Sie ist Mitbegründerin des Berliner Labels und der Plattform ALVOZAY und selbst als DJ und Musikkuratorin tätig. Auch in Kollektiven wie Münchens Afrodiaspora2.0, Wiens Bad&Boujee und dem BlackMovementAustria wirkt sie mit.
Die Eritreerin, seit Jahren künstlerisch und aktivistisch aktiv, ist in Süddeutschland geboren und aufgewachsen. Dort war sie bereits als Kind fest in die eritreische Community eingebunden: „Communities waren für mich das Selbstverständlichste der Welt.“ Als sie nach ihrem Studium nach Wien zog, fehlten ihr diese Verknüpfungen plötzlich: „Ich kannte keine andere schwarze Person – eine völlig neue Erfahrung.“
Zufällig rutschte sie dann in die Schwarze Community Wiens und baute sich darüber ein breites Netzwerk aus Menschen, die ihre künstlerischen und politischen Ideen teilen, auf.

Als Schwarze Frau im Musikbusiness ein Kollektiv zu gründen ist für sie ein politisches Statement: „Ich biete eine neue Perspektive auf bestimmte Dinge – das ist hilfreich für Institutionen. Mein Ziel ist es, Strukturen bewusst kritisch zu betrachten und inklusive Plattformen zu schaffen.“ 

Mit ihrer langjährigen Erfahrung im Musik- und Kulturbereich hat sich Tmnit eine Expertise im Auf- und Ausbau von Strukturen angeeignet. „Ich fange aber nicht bei null an“, betont Tmnit. „Generationen vor mir – auch meine Eltern – haben schon Community Building Arbeit geleistet, auch wenn sie es nicht so nennen würden.“  Sie begreift „Community“ nicht als festen Begriff, sondern als fluide Organisationsform: „Eine Community muss organisch entstehen und wachsen – die Menschen, die Teil davon sind, müssen sich mit dem Ziel der Community identifizieren“, erklärt sie. Strukturen in Kollektiven aufzubauen sei immer auch harte Arbeit. Umso schöner sei es, dass Community Building heute als etwas Erstrebenswertes angesehen und nicht als Ehrenamt beiseitegeschoben wird. „Meistens sind es die kleinen Dinge, die wichtig sind: Einen Raum mieten, Termine organisieren – da kommt es dann oft auch zu Streitereien.“ In der effizienten und nachhaltigen Organisation dieser Prozesse liefert sie Expertise.  

Mehr über Tmnit Ghide findet ihr hier.

Was ist deine Expertise, Persy Lowis Bulayumi?

Für den Sozialpädagogen und systemischen Coach Persy Lowis Bulayumi leben wir in einer Zeit, in der die Beziehungen zu anderen Menschen unsere wichtigste Kompetenz und unser größtes Kapital geworden sind. Deshalb will Persy Räume kreieren, in denen sich Menschen als Menschen begegnen können: Ohne Vorurteile, ohne Schubladen. „Viele Menschen leben in ihren Elfenbeintürmen und bleiben dort.“ Den eigenen Elfenbeinturm zu verlassen und andere, unterschiedliche Lebensrealitäten zu erkennen, beschreibt er als das Kapital der Zukunft: „Nur so kann man sich wirklich in Beziehung setzen.“  Dadurch, argumentiert Persy weiter, lässt sich ein Netzwerk schaffen, in dem Menschen ihre Träume ausleben und „in ihre eigene Kraft“ kommen können. Und aus dieser eigenen Kraft kann dann eine gemeinsame Kraft entstehen: „Je besser es den Menschen in einer Community geht, desto stärker ist auch die Community.“

Die familiäre Community und ihr Zusammenhalt haben Persy in seinem Werdegang stark beeinflusst. Seine Eltern kamen in den 1980ern aus dem Kongo nach Wien. „Als Kind faszinierte es mich, dass die Familie nach den wildesten Streitereien wieder lachend gemeinsam beim Abendessen saß.“
Aber auch außerhalb der Familie lebten die Eltern den Community-Gedanken stark aus: Über die Religion, sein Vater ist Theologe und Philosoph, war die ganze Familie in der Gemeinde im 15. Bezirk aktiv. „Meine Eltern haben geflüchtete Menschen aus Ex-Jugoslawien bei sich aufgenommen, initiierten generationsübergreifende Projekte und bauten die Hospizbewegung mit auf.“ 

Seit er in Wien lebt wurde und wird Persy mit rassistisch motivierten, körperlichen und verbalen Aggressionen konfrontiert. Den Grund für Rassismus und Vorurteile sieht er im fehlenden Austausch; deshalb geht er offen mit seiner persönlichen Geschichte um. Persy ermutigt Menschen, nach innen zu schauen: „Die Wertschätzung der eigenen Person ist das Fundament, um sich in der Gemeinschaft zu orientieren; die eigene Verletzlichkeit ist eine Grundvoraussetzung, um starke Communities zu bilden.“  

Mehr über Persy Lowis Bulayumi findet ihr hier.